16. August 2021 / Aus aller Welt

England vor Fuchsjagd-Saison: «Blutsport» oder Vergnügen?

Wenige Traditionen in Großbritannien sorgen für so leidenschaftlichen Streit wie die Fuchsjagd. Einen «Blutsport» sehen die Gegner darin - Befürworter weisen das brüsk zurück.

Ein Fuchs läuft im Dezember 2000 an einem Reiter der Jagdgesellschaft des Herzogs von Beaufort nahe Shipton Moyne vorbei.
von Benedikt von Imhoff, dpa

Kläffend jagen Hunde an Hecken vorbei, ein Fuchs läuft durch Wiesen und Felder davon, ihm auf den Fersen eine Horde Reiter in leuchtend roten Jacken. Jahrhundertelang ein vertrautes Bild in britischen Landstrichen.

Auch in diesem Jahr werden bald wieder die Jagdclubs ausschwärmen. Doch statt einem Fuchs rast die Meute einer Geruchsspur hinterher - die Hetzjagd auf lebende Tiere ist seit 2005 in England verboten. Tierschützern aber geht das nicht weit genug. Sie fordern schärfere Gesetze: «Die Fuchsjagd ist ein brutaler Blutsport, der in die Geschichtsbücher gehört», sagt Chris Luffingham von der Organisation League Against Cruel Sports.

Das Problem aus Sicht des «Bunds gegen grausame Sportarten», wie die deutsche Übersetzung lautet: Indem die abgerichteten Hunde einer künstlichen Fuchsspur folgen, stöbern sie immer wieder echte Füchse auf - und hetzen sie entgegen der Gesetze zu Tode. In jeder Saison würden zahlreiche Fälle gemeldet, so die Jagdgegner und fordern Haftstrafen zur Abschreckung.

Selbst um den Buckingham-Palast streunen Füchse

Die Befürworter halten dagegen: Seit dem Verbot hätten Clubs 250.000 Tage mit legalem Trail Hunting, wie die tierlose Spurenjagd heißt, verbracht, und nur bei einem Bruchteil sei es zu Verstößen gekommen. Wichtig sei vielmehr, dass an der Jagdindustrie zahlreiche Jobs hingen, zudem profitierten die lokale Gastronomie sowie Landwirte. Außerdem könnten Jäger helfen, die «Überpopulation» an Füchsen zu reduzieren. In London sind die Tiere ein alltäglicher Anblick, selbst um den Buckingham-Palast streunen sie herum.

In Deutschland wurde die sogenannte Parforcejagd in den 1930er Jahren von den Nazis verboten. Heute finden lediglich Schleppjagden etwa auf einen präparierten Fuchsschwanz statt. Für viele Briten ist die Jagd aber nach wie vor eine liebgewonnene Tradition, auch wenn es sich - allein aufgrund des Unterhalts für die Tiere - oft vor allem um ein Freizeitvergnügen der Oberschicht handelt.

Die fein herausgeputzten Reiter, die sich an einen klaren Dresscode zu halten haben, sind aber nur ein Teil der Jagdgesellschaft. In Autos und zu Fuß folgen den Pferden weitere Teilnehmer und Schaulustige. 40.000 Menschen sind nach Angaben der Organisation Countryside Alliance, die «Landsport» wie die Jagd unterstützt, regelmäßig beteiligt. Die Fuchsjagd ist nur ein Teil, groß zelebriert wird jedes Jahr der 12. August - der «Glorious Twelfth», der grandiose Zwölfte - als Beginn der Moorhuhnjagd.

Doch die Jäger stehen mittlerweile heftig unter Druck. Während der jüngsten Saison enthüllte der Sender ITV, dass bei einem Webinar führende Mitglieder eines Jagdclubs zugegeben hatten, Trail Hunting diene nur dazu, die tatsächliche tödliche Jagd auf Wildtiere zu verschleiern - exakt der Vorwurf, den Tierschützer stets erheben.

Als Konsequenz hat nun unter anderem die Organisation National Trust, die zahlreiche Naturschutzgebiete betreut, die Erlaubnis zum Trail Hunting ausgesetzt. Man wolle in einer «stark polarisierten und leidenschaftlichen Debatte» alle Positionen in Ruhe abwägen.

Zunächst aber wird weiter zum Halali geblasen. Schon Ende August startet das sogenannte Cubbing, bei dem junge Hunde trainiert wurden. Einst wurden sie dabei auf unerfahrene Jungfüchse gehetzt, nun gilt es auch für sie, Spuren zu folgen. Jagdgegner kritisieren aber auch diese Praxis scharf. Es wird wohl nicht das letzte Mal sein, dass Tierschutz und Tradition in Großbritannien um die Deutungshoheit ringen.


Bildnachweis: © Barry Batchelor/Press Association/dpa
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