29. Oktober 2025 / Aus aller Welt

Gutachter: Mutmaßlicher Messerstecher weiter gefährlich

Stimmen im Kopf, Halluzinationen, eine Tat im Wahn: Bei einer Messerattacke in Aschaffenburg sterben zwei Menschen. Der Verdächtige dürfte laut einem Gutachter ohne Medikamente weiter gefährlich sein.

Der Beschuldigte kann sich nach Worten seines Verteidigers nur diffus an die Tat erinnern. (Archivbild)
von dpa

Der mutmaßliche Messerstecher von Aschaffenburg ist nach Einschätzung eines Psychiaters bei der Bluttat im Januar schuldunfähig gewesen und auch heute noch ohne Medikamente gefährlich. Der 28-Jährige sei an paranoider Schizophrenie erkrankt, «jemand, der massiv in seiner psychischen Integrität gestört ist», sagte Hans-Peter Volz, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie forensische Psychiatrie, vor dem Landgericht Aschaffenburg.

Geständnis

Der Beschuldigte hatte zum Prozessauftakt am 16. Oktober über seinen Verteidiger gestanden, am 22. Januar in Aschaffenburg mit einem Küchenmesser auf Kinder eingestochen zu haben. Ein zwei Jahre alter, deutscher Junge marokkanischer Herkunft und ein 41-jähriger Deutscher, der der Kinderkrippengruppe helfen wollte, starben. Zudem soll der Afghane ein zweijähriges Mädchen aus Syrien, einen weiteren Helfer (damals 72, deutsch) und eine Erzieherin (59, deutsch) verletzt haben.

Psychiater: Simulation ausgeschlossen

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Verdächtige ohne Behandlung in einer Psychiatrie weitere «hochaggressive Taten» begehen könnte, sei «ausgesprochen hoch», sagte Volz. Der Gutachter plädierte dafür, den Flüchtling in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.

«Das primäre Ziel seiner Attacke waren keine erwachsenen Menschen.» Zur Tatzeit habe der Afghane Augen von Agenten gesehen, die ihm das Ermorden von Kindern befohlen hätten. Zudem habe der 28-Jährige Stimmen gehört, sagte der Psychiater. Es sei sehr klar, «dass der Proband zum Tatzeitpunkt psychotisch gewesen sein muss». Dass der Mann simuliere, hält der Sachverständige für ausgeschlossen.

Beschuldigter drogenabhängig

«Der Proband hat spätestens ab Anfang 2024, wahrscheinlich schon früher, eine paranoide Schizophrenie», erklärte Volz. Zudem sei der Flüchtling damals wahrscheinlich alkohol- und cannabisabhängig gewesen. Sein Antipsychotikum habe der intelligenzgeminderte Mann schon Tage vor der Tat nicht mehr genommen.

Volz geht davon aus, dass der Beschuldigte bei der Tat in Aschaffenburg schuldunfähig war, wahrscheinlich aber auch bei einem Übergriff auf seine Freundin im August 2024, weshalb er ebenfalls vor Gericht steht. Die Symptomatik sei «überbordend negativ». «Es lässt einen schon bedrückt zurück», sagte der Gutachter.

Attacke in Alzenau

Der Beschuldigte war den Ermittlungen zufolge mehrmals vor der Attacke im Januar gewalttätig. Im Sommer 2024 etwa habe der 28-Jährige im Sommer 2024 seine Freundin in einer Flüchtlingsunterkunft in Alzenau angegriffen, sagten Zeugen vor der Kammer. Volz geht davon aus, dass der 28-Jährige auch damals wahrscheinlich schon psychotisch war.

«Ich habe laute Schreie gehört», erzählte eine 24 Jahre alte damalige Bewohnerin der Unterkunft vor Gericht. Daraufhin sei sie damals zum Zimmer des mutmaßlichen Opfers gerannt, wo sie gesehen habe, wie der Afghane die 45-Jährige attackiert habe. Dabei habe der Mann ein Messer in der Hand gehabt. Mit Hilfe anderer in der Unterkunft lebender Migranten sei es schließlich gelungen, den Angreifer zu überwältigen.

Keine Ermittlungen nach Vorfall in Alzenau

Der Vorfall war erst nach dem Messerangriff vom 22. Januar im Park Schöntal in Aschaffenburg bekanntgeworden. Der Beschuldigte hatte über seinen Verteidiger das Würgen seiner Freundin in Alzenau eingeräumt. Die Polizei hatte den Verdächtigen kurz in Gewahrsam genommen, aber weder Zeugen angehört noch Ermittlungen angestellt. Die Staatsanwaltschaft wurde nicht informiert.


Bildnachweis: © Karl-Josef Hildenbrand/dpa
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