16. Juni 2021 / Aus aller Welt

Junge Menschen sind Corona-müde, aber zuversichtlich

Erst als Party-Macher verunglimpft, dann als psychisch belastet erkannt: Die Corona-Pandemie hat vor allem jungen Menschen viel abverlangt. Aber stimmt das überhaupt?

Am belastendsten empfanden fast drei Viertel der jungen Menschen das fehlende öffentliche und soziale Leben (Symbolbild).
von Thomas Strünkelnberg, dpa

Weder «Generation Corona» noch «lost generation»: Junge Menschen wurden zu Beginn der Pandemie oft als verantwortungslose Party-Macher beschrieben, jetzt gelten sie als psychisch stark belastet.

Aber die meisten jungen Menschen in Europa blicken trotz aller Belastungen und massiver Corona-Müdigkeit optimistisch in die Zukunft.

Die am Mittwoch vorgestellte Jugendstudie der Tui-Stiftung ergab: In Deutschland äußern sich zwei Drittel der Befragten optimistisch über ihre Zukunft, in Europa sind es 64 Prozent. In Spanien, Italien und Polen allerdings sank der Anteil der Optimisten in den vergangenen Jahren spürbar.

«Es ist beeindruckend, mit welchem Optimismus die 16- bis 26-Jährigen in Europa in die Zukunft nach Corona blicken», sagte Thomas Ellerbeck, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung. Junge Leute hätten viele Einschränkungen in Schule, Studium, Sport und bei Treffen im Freundeskreis erlebt: «Gleichzeitig ist ihre Grundstimmung und Motivation positiv.»

Seine momentane Gefühlslage beschrieb jeder zweite Befragte aber eher negativ - nämlich mit «müde», «unsicher», «genervt» und «gestresst». 52 Prozent sagten, ihre Lebenssituation habe sich verschlechtert - in Deutschland waren es 46 Prozent, in Griechenland aber 65 Prozent. Fast vier von zehn jungen Menschen verloren in den vergangenen Monaten den Job oder verdienten weniger - in Deutschland waren es 29 Prozent, in Griechenland 58 Prozent. Vor allem in südeuropäischen Länder und ärmeren Haushalten ging es ihnen schlechter.

Als besonders belastend empfanden 72 Prozent der jungen Menschen das fehlende öffentliche und soziale Leben. 60 Prozent machen sich Sorgen, dass dies auch künftig so bleibe. Die 20 Jahre alte Berliner Studentin Stella Tringali meinte, zu Beginn habe sich die Pandemie wie ein ewiger Sonntag angefühlt - das «hat sich zum ewigen Dienstag gewandelt». Nun sinken die Infektionszahlen: «Jetzt wird jeder Café-Besuch total zelebriert.»

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut YouGov im April mehr als 6200 junge Menschen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Polen. Allein in Deutschland waren es 1004.

Wie im Vorjahr hielten sich Jugendliche und junge Erwachsene meist an die Corona-Regeln. Knapp ein Fünftel (19 Prozent) gaben an, diese zu ignorieren, 74 Prozent hielten sich daran. Trotz der Dauer der Pandemie veränderte sich dieser Anteil in Deutschland zwischen September 2020 (83 Prozent) und April 2021 (80 Prozent) kaum.

Das sei «eines der zentralen Ergebnisse dieser Studie», sagte Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Wer das Bild einer unsolidarischen Jugend zeichnen wolle, werde scheitern. Die meisten wollen sich auch impfen lassen - 45 Prozent ohne Zweifel, 12 Prozent «mit einem schlechten Gefühl». Nur 17 Prozent in den sechs Staaten sind dagegen.

Deutlich verändert hat sich der Studie zufolge die Bewertung der Corona-Maßnahmen unter jungen Menschen in Deutschland: Hielten im September 2020 noch 52 Prozent der Befragten diese für angemessen und 5 Prozent für nicht ausreichend, bewerteten im April 2021 immerhin 54 Prozent sie als nicht ausreichend. 16 Prozent fanden sie angemessen.

Das Pandemie-Management der EU bewerteten 40 Prozent der jungen Menschen in Europa als mittelmäßig, 31 Prozent fanden es schlecht, nur 16 Prozent gut. Besonders schlechte Noten erhielt die EU von jungen Menschen in Deutschland und Großbritannien.

Auch andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der seelische Druck junger Menschen in der Pandemie gestiegen ist. Von Einsamkeit und Zukunftsängsten berichteten Jugendliche demnach. Das treffe vor allem auf diejenigen zu, denen im Lockdown Orte fehlten, um sich auszutauschen. Auch finanzielle Sorgen belasteten, die Betroffenen litten oft unter Zukunftsängsten. Die Forscher der Frankfurter Goethe-Universität hatten mit Kollegen der Universität Hildesheim über 7000 junge Menschen online befragt - im vergangenen November.

Trotz der Pandemie hielten 41 Prozent der Befragten laut Jugendstudie der Tui-Stiftung Umwelt- und Klimaschutz für die wichtigsten Probleme - vor Wirtschafts- und Finanzpolitik (32 Prozent) sowie Migration und Asyl (31 Prozent). Über ein Drittel der Befragten ist dafür, schon mit 16 zu wählen, vor allem in Großbritannien und Deutschland.

Junge Menschen könnten so gut wie Erwachsene eine Partei finden, die zu ihren Einstellungen passe, betonte Spittler. Zu fehlen scheine das Selbstbewusstsein, sich in den politischen Dialog einzubringen, sagte die Geschäftsführerin der Stiftung, Elke Hlawatschek. Der Vorsitzende des Bundesjugendkuratoriums, Wolfgang Schröer von der Universität Hildesheim, hatte kürzlich erklärt, in der Corona-Krise seien die Kinderrechte auf Beteiligung vernachlässigt worden.


Bildnachweis: © María José López/EUROPA PRESS/dpa
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