26. April 2025 / Aus aller Welt

Knochensammler-Raupe trägt Überreste ihrer Beute als Tarnung

So selten wie makaber: Die neu entdeckte Knochensammler-Raupe trägt ein Tarngewand aus Körperteilen ihrer Beute. Die Raupe kommt nur an einem einzigen Berghang auf der hawaiianischen Insel O'ahu vor.

Die Knochensammler-Raupe lebt ausschließlich in Spinnennetzen und tarnt sich, um nicht von ihrem ahnungslosen Spinnenwirt entdeckt zu werden.
von dpa

In einem Horrorfilm wäre die fleischfressende Knochensammler-Raupe eine grauenerregende Figur ohne Skrupel: Die neu entdeckte Art schafft sich aus den ungenießbaren Körperteilen ihrer Insektenbeute ein sorgfältig gestaltetes Tarngewand. Von der ebenso gruseligen wie faszinierenden Beobachtung berichten Forscher im Fachblatt «Science».

Hawaii beherbergt viele skurrile Arten

Die Wissenschaftler entdeckten die skurrilen Insektenlarven in einem kleinen, 15 Quadratkilometer großen Stück Bergwald auf der hawaiianischen Insel O'ahu. Dabei bewohnen die Raupen nicht nur ein kleines Gebiet, sie sind auch sehr selten: So seien nach Jahren der Suche gerade einmal 62 Exemplare beobachtet worden.

Dass die außergewöhnliche neue Art ausgerechnet auf Hawaii entdeckt wurde, ist den Wissenschaftlern zufolge kein Zufall: Die geografische Isolation der Inselgruppe habe eine ganze Reihe bizarrer Arten hervorgebracht, darunter Libellenlarven, die auf dem Land und nicht im Wasser leben, Spinnen, die ihre Beute aus der Luft aufspießen, und eine ganze Reihe fleischfressender Raupen. Solche karnivoren Raupen sind für sich schon eine Seltenheit: Unter den fast 200.000 derzeit bekannten Motten- und Schmetterlingsarten weisen gerade einmal 0,1 Prozent der Larven ein solches räuberisches Verhalten auf.

Morbides Tarngewand

Noch ungewöhnlicher ist bei der Knochensammler-Raupe aber ihr Jagdverhalten: Das Insekt aus der auf nur auf Hawaii vorkommenden Mottengattung Hyposmocoma lebt ausschließlich in Spinnennetzen, die in Baumhöhlen oder Felsspalten gewoben wurden. Die Raupen kriechen durch diese Netze auf der Pirsch nach geschwächten oder kürzlich gestorbenen anderen Insekten, die sich im Netz verfangen haben. Auch vor Artgenossen machen sie nicht halt und kannibalisieren diese, falls sie auf ein kleineres Exemplar treffen.

Bemerkenswert ist indes, womit sich die Raupen schmücken, um nicht von ihrem Spinnenwirt entdeckt zu werden: So tragen sie zur Tarnung ungenießbare Körperteile ihrer Beutetiere, schreiben die drei Wissenschaftler: «Die Körperteile werden sorgfältig auf ihre Größe hin vermessen, bevor die Raupe sie in ihre Sammlung einwebt.» Jeder potenzielle Neuzugang werde mehrmals gedreht, mit den Mundwerkzeugen ertastet, und überwiegend auf eine Größe herunter gekaut, die in die Hülle passe.

Die Strategie scheint aufzugehen: Bislang hätten sie noch keine von Spinnen erlegte oder gefangene Knochensammler-Raupe beobachtet, heißt es in der Studie.


Bildnachweis: © Rubinoff Lab, Entomology Section/University of Hawaii, Manoa/dpa
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

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