Vorsichtig setzt Wega ihre Hufe auf das dunkle Laminat. Schritt für Schritt wagt sich die Haflinger-Stute in das Foyer des Pflegeheims in Bückeburg im niedersächsischen Landkreis Schaumburg vor. Das Klackern der Hufeisen führt zu ersten neugierigen Blicken. «Kommt ruhig näher heran, sie ist ganz vorsichtig», ruft Nele Plaßmeier den noch etwas zurückhaltenden Bewohnerinnen und Bewohnern zu, während sie ihr Pferd nur locker am Strick führt. Der Aufruf wirkt. Auf dem Weg in Richtung Speisesaal rollen mehrere Frauen in ihren Rollstühlen dem Pferd hinterher. Dort, wo die Menschen der Seniorenresidenz «Hyggegarten» sonst gemeinsam essen, hat das Personal bereits die Tische für den ungewöhnlichen Gast zur Seite gestellt. Etwa zwanzig Frauen und Männer sitzen im Kreis und warten auf Wegas Ankunft. Viele sind sichtbar geschwächt. Einige haben Probleme, sich zu artikulieren, kämpfen mit Demenzsymptomen oder sind aufgrund ihres Gesundheitszustandes permanent auf einen Rollstuhl angewiesen. «Seitdem unsere Bewohner wissen, dass Wega wieder zu Besuch kommt, merkt man den Leuten die Vorfreude richtig an», sagt Tanja Schal, die in dem Pflegeheim den Sozialdienst leitet. «Das Pferd strahlt einfach eine Ruhe aus, die sich sofort auf die Menschen überträgt. Das ist toll.» Neugierig blickt die braune Stute in die Runde, bläht die Nüstern und erschnuppert die auch aus ihrer Perspektive ungewohnte Umgebung. «Sie erkennt genau, dass sie sich hier langsam und vorsichtig bewegen muss - aber das haben wir geübt», sagt die 23 Jahre alte Pferdebesitzerin Plaßmeier. «Das ist einfach so schön. Ich bin auf dem Dorf groß geworden, da waren überall Pferde», sagt eine Frau und strahlt, während sie mit zittriger Hand Wegas' Hals streichelt. «Das ist was ganz Tolles für uns hier», kommentiert ein Mann im Rollstuhl, nachdem er die Flanke des Pferdes minutenlang mit einer Bürste gestriegelt hat. Nach und nach dirigiert Plaßmeier das Pferd durch den Raum. Niemand weicht angesichts des großen Tieres zurück. Immer wieder bekommt Wega Leckerli und wird gestreichelt. Nach gut 45 Minuten ist Schluss, langsam wird Wega in Richtung Ausgang geführt. Auf der Straße steigt sie ohne Zögern in ihren Anhänger. «Ich achte darauf, dass es auch für das Pferd nicht stressig wird», sagt Plaßmeier. Auch andere Seniorenheime in Deutschland setzen auf die wohltuenden Effekte etwa von Ponys. Der Deutsche Tierschutzbund in Bonn bewertet solche Einsätze grundsätzlich positiv. Durch das Berühren des Tieres könne das Wohlbefinden der Patienten gestärkt werden. Allerdings müsse auch das Wohl des Tieres beachtet werden, betont der Tierschutzbund. Insbesondere wenn das Pferd Anzeichen von Stress zeige, müsse der Besuch abgebrochen werden. Gern würde die angehende Lehrerin Nele Plaßmeier aus dem benachbarten Porta-Westfalica (Nordrhein-Westfalen) Wegas Fähigkeiten ausbauen. Sie plant, sich für ein Sonderpädagogik-Studium erneut an der Uni in Bielefeld einzuschreiben. Nach all den positiven Momenten bei Wegas Besuchen im Pflegeheim möchte sie ihre Arbeit künftig gern professionalisieren. Geld verdient sie mit ihren sorgfältig geplanten Einsätzen nicht. «Das Lachen der Menschen ist für mich die schönste Bezahlung», sagt sie und streicht ihrem Pferd über den Kopf.«Das Pferd strahlt einfach eine Ruhe aus»
Pferd wird gestreichelt und gestriegelt
Tierschutzbund: Wohl des Tieres muss beachtet werden
Bildnachweis: © Boris Roessler/dpa
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Kommt ein Pferd in den Speisesaal - Stute besucht Pflegeheim
In einem Seniorenheim gleicht ein Tag oft dem anderen. Abwechslung verspricht Besuch - vor allem, wenn nicht die Verwandtschaft, sondern ein Pferd auf dem Flur steht.
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