28. Januar 2024 / Aus aller Welt

Neuer Sternentyp: Alte Raucher im Herzen der Milchstraße

Eigentlich hielten die Forscher Ausschau nach Sternen, die gerade noch in der Entstehung sind. Doch sie fanden noch etwas ganz anderes - eine bislang unbekannte Sternenart.

Infrarotbilder eines etwa 30.000 Lichtjahre entfernten roten Riesensterns in der Nähe des Zentrums unserer Milchstraßengalaxie, der im Laufe mehrerer Jahre verblasste und wieder auftauchte...
von dpa

Bei der Suche nach noch sehr jungen Sternen ist ein internationales Forschungsteam in der Zentralregion der Milchstraße unerwartet auf eine neue Art von sehr alten Sternen gestoßen. Sie stoßen dichte Wolken aus Staub aus und wurden von den Astronomen deshalb Alte Raucher getauft.

Der ausgestoßene Staub könne eine wichtige Rolle bei der Entstehung neuer Sterne und Planeten in einigen Regionen der Galaxis spielen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society».

Gesucht war etwas ganz anderes

«Unser eigentliches Ziel war die Entdeckung so genannter Protosterne, die über Monate oder gar viele Jahre andauernde, gewaltige Helligkeitsausbrüche zeigen», erläutert Zhen Guo von der Universität Valparaiso in Chile.

«Diese Ausbrüche ereignen sich in der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub um die neu geborenen Sterne – und könnten die Entstehung von Planeten erschweren.» Bislang wissen die Astronomen nicht, was die Ursache der Ausbrüche ist. Deshalb wollten Guo und seine Kollegen möglichst viele solcher Ausbrüche erfassen und in ihrem Verlauf verfolgen.

Die Forscher nutzten bei ihrer Suche die Daten eines seit 2010 am Vista-Teleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile laufenden Beobachtungsprojekts, das die Helligkeit von etwa einer Milliarde Sternen in der zentralen Verdickung der Milchstraße misst. Vista beobachtet Infrarot-Strahlung und ist deshalb für das Aufspüren neu geborener Sterne besonders geeignet. Denn diese sind oft hinter Staubwolken verborgen und daher für optische Teleskope unsichtbar – doch die Infrarotstrahlung kann den Staub durchdringen.

Das Team war erfolgreich: Guo und seine Kollegen identifizierten 32 Protosterne mit Eruptionen, die ihre Helligkeit um das bis zu Dreihundertfache ansteigen ließ. Viele dieser Ausbrüche dauern immer noch an und geben den Forschern so erstmalig die Möglichkeit, die rätselhaften Phänomene in ihrem gesamten Verlauf zu verfolgen.

Alte Raucher stoßen Staub aus

Doch neben dem eigentlich Gesuchten stieß das Team in den Vista-Daten auch auf etwas völlig Unerwartetes: Alte rote Sterne im Herzen der Milchstraße, die ihre Helligkeit im Verlauf der Jahre auf rätselhafte Art und Weise veränderten. Insgesamt 21 dieser Himmelsobjekte identifizierten die Forscher. 

Sie hatten zunächst keinerlei Erklärung dafür, dass diese Sterne zunächst kaum sichtbar waren, dann aber immer heller wurden. Weitere Beobachtungen von sieben dieser Objekte lieferten schließlich eine Erklärung: Offenbar hatten die Sterne gewaltige Wolken aus dichtem Staub ausgestoßen, der ihre Helligkeit abgeschwächt hatte.

Diese Alten Raucher, wie die Astronomen den neuen Sternentyp getauft haben, befinden sich alle in einer scheibenförmigen Struktur im Zentrum der Milchstraße. In dieser Scheibe, so schreiben die Astronomen, besitzen Sterne einen höheren Anteil an schweren Elementen als weiter außen in der Milchstraße. Und das, so Guo und seine Kollegen, könnte auch eine Erklärung für das Phänomen sein. Denn wenn mehr schwere Elemente vorhanden sind, kann sich in den kühlen Außenschichten der Sterne auch mehr Staub bilden.

Warum allerdings die Alten Raucher über lange Zeiträume ruhig leuchten und dann plötzlich ihren Staub in großen Eruptionen ausstoßen, bleibt zunächst ein Rätsel. Mithilfe weiterer Beobachtungen der neuen Sterne wollen die Forscher der Ursache der Staub-Ausbrüche auf die Spur kommen.

Denn der von den Alten Sternen ausgestoßene Staub könnte in der Zentralregion der Milchstraße und anderer Galaxien eine wichtige Rolle bei der Umverteilung der schweren Elemente im All spielen. Diese schweren Elemente wiederum beeinflussen die Entstehung neuer Sterne und Planeten – insbesondere auch von Gesteinsplaneten wie unserer Erde.


Bildnachweis: © Philip Lucas/University of Hertfordshire/dpa
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