21. September 2022 / Aus aller Welt

Nützt die professionelle Zahnreinigung oder nicht?

In vielen Zahnarztpraxen wird sie intensiv beworben: eine professionelle Zahnreinigung alle paar Monate, zu zahlen oft aus eigener Tasche. Doch hat die Maßnahme tatsächlich einen Nutzen für die Zahngesundheit?

«Was bringt es, sich die Zähne und Zahnzwischenräume säubern, von Belägen befreien, polieren und fluoridieren zu lassen?», fragte der IGeL-Monitor 2012 gefragt. Die Antwort: «unklar»...
von Christian Thiele, dpa

Meist kostet sie dutzende bis über 100 Euro, oft schickt die Praxis alle sechs Monate eine neue Einladung dafür: Die «professionelle Zahnreinigung» ist zum weit verbreiteten Standard für Erwachsene und häufig sogar schon für Kinder geworden. Doch wie groß ist der medizinische Nutzen für gesunde Zähne? Experten sehen große Einschränkungen.

«Eindeutige wissenschaftliche Belege zum medizinischen Nutzen der sogenannten professionellen Zahnreinigung gibt es bisher nicht», sagt Markus Hüttmann von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland zum Tag der Zahngesundheit am 25. September. Wie sinnvoll eine solche Behandlung für die Zahngesundheit ist, sei bislang kaum in aussagekräftigen Studien untersucht.

Hüttmann verweist auf den sogenannten IGeL-Monitor, der über Sinn und Nutzen von ärztlichen Leistungen aufklärt. «Was bringt es, sich die Zähne und Zahnzwischenräume säubern, von Belägen befreien, polieren und fluoridieren zu lassen?», wird in dem Bericht von 2012 gefragt. Die Antwort: «unklar». Hüttmann schränkt aber ein: «Die dortige Untersuchung bezieht sich nur auf Erwachsene mit gesunden Zähnen und nicht auf Menschen mit Parodontal-Erkrankungen.» Hinter dem IGeL-Monitor steht der Medizinische Dienst der Krankenkassen.

Bundeszahnärztekammer: Es fehlt an Studien

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, will die Einstufung so nicht stehen lassen. Das sei stark verkürzt, sagt er. Der medizinische Nutzen sei sehr wohl belegt, es fehle nur an randomisierten kontrollierten Studien (RCT). Diese gelten als Goldstandard zur Nutzenbewertung von Behandlungen. Probanden werden dabei vor der Behandlung zufällig einer Therapie- oder Placebo-Gruppe zugeordnet.

Stefan Wolfart, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomaterialien an der Uniklinik RWTH Aachen, verweist auf Hilfe für Patienten mit erkranktem Zahnfleisch. Für sie könne die professionelle Zahnreinigung mehrmals im Jahr sinnvoll sein - je nachdem, wie geschädigt die Zähne und wie stark Kariesbakterien aktiv seien.

«Sofern ein Patient in der Lage ist, seine Zähne perfekt zu pflegen, ist natürlich auch keine professionelle Zahnreinigung notwendig», sagt Wolfart. Wenn Kinder und Erwachsene ihre Zahngesundheit erhalten wollten, sollten sie besser regelmäßig ihre Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen, sagt Hüttmann.

Streben nach Schönheitsidealen als eine Motivation

Ähnlich sieht das Julian Schmoeckel, Oberarzt der Kinderzahnheilkunde der Universitätsmedizin Greifswald: In der Kinderzahnheilkunde seien professionelle Zahnreinigungen selten wirklich notwendig. Wichtiger sei die Individualprophylaxe beim Zahnarzt, «die ja einmal pro Halbjahr auch von den GKV (Gesetzliche Krankenversicherung) übernommen wird, bei der das Zähneputzen kontrolliert und trainiert wird».

Viele Krankenkassen übernehmen höchstens einen Teil der Kosten für professionelle Zahnreinigungen. Warum sind diese trotz der recht hohen Kosten bei oft fragwürdigem Nutzen so beliebt? Die Unabhängige Patientenberatung hält das Streben nach Schönheitsidealen als eine Motivation für denkbar. So mancher verlässt die Praxis wohl mit dem guten Gefühl, viel für optisch schöne Zähne getan zu haben.

Für Klinikdirektor Wolfart gehört zu einer guten Reinigung allerdings auch eine Anleitung des Patienten, seine Mundhygiene zu Hause kontinuierlich zu verbessern. So könne der Zahnbelag angefärbt und der Patient auf die sensiblen Stellen im Mund hingewiesen werden. Denn letztlich, so betonen die Experten, entscheidet vor allem die tägliche Pflege über die Gesundheit der Zähne.


Bildnachweis: © Rolf Vennenbernd/dpa
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