29. Juli 2021 / Aus aller Welt

Ärzteverband kritisiert Versorgung im Flutgebiet

Zwei Wochen nach den verheerenden Fluten in Rheinland-Pfalz rückt die medizinische Versorgung in den Fokus. Der Ärzteverband sieht die Lage kritisch. Die Einschätzung der Situation vor Ort ist jedoch umstritten.

Menschen warten vor einer mobilen Arztpraxis des Deutschen Roten Kreuzes in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
von Bernadette Winter, dpa

Amtsärzte haben erhebliche Mängel in der medizinischen Grundversorgung in den Hochwassergebieten kritisiert.

Die Situation sei «nach wie vor erschreckend» und in den betroffenen Regionen herrsche Seuchengefahr, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Es gebe keine Hinweise auf eine solche Gefahr, sagte dagegen der Präsident der Landesärztekammer, Günther Matheis, am Donnerstag, auch nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung. Natürlich seien Arztpraxen geschlossen, doch es seien etwa von Apotheken Notdienste eingerichtet worden und mobile Arztpraxen im Einsatz, um die Versorgung der Menschen zu sichern.

Die Gesundheit der Bevölkerung in den Katastrophengebieten sei «massiv bedroht, weil die Infrastruktur nicht funktioniert», hatte Teichert kritisiert. Unter anderem seien in einigen Orten Krankenhäuser und Praxen zerstört worden.

Teichert, die bis 2012 das Gesundheitsamt im flutbetroffenen Landkreis Ahrweiler leitete, erklärte, dass viele Menschen ohne dringend benötigte Medikamente auskommen müssten. Das sei besonders für Menschen mit Krankheiten wie Diabetes oder Herzleiden ein großes Problem, hieß es in dem Zeitungsbericht. Nun sei es wichtig, mobile Arzteinheiten zu organisieren und in die Orte zu bringen.

Genau darum kümmert sich gerade das Deutsche Rote Kreuz. Eine Seuchengefahr solle so vermieden werden, erklärte DRK-Sprecherin Marion Müller. In Ahrweiler stehe ein Impfzentrum bereit, wo sich Betroffene ebenso wie Helfer unkompliziert mit einer Einmalimpfung von Johnson & Johnson absichern könnten.

Eine Gefährdung für die Bevölkerung stelle derzeit die Umweltverschmutzung dar, so der Krisenstab. Es gehe dabei um die Verunreinigung von Wasser und Schlämmen durch Kraftstoffe, Fäkalien und Chemikalien: «Die Menschen müssen sich weiterhin sehr vorsichtig verhalten im Umgang mit Schlämmen und anderen Dingen», sagte der Leiter des Krisenstabes, Thomas Linnertz, in Bad Neuenahr-Ahrweiler. «Es sind natürlich auch Stoffe aus irgendwelchen Lagern ausgelaufen.» Als Beispiel nannte er Pflanzenschutzmittel.

Er forderte die Menschen deshalb auf, Handschuhe und Schutzkleidung zu tragen und sich die Hände zu waschen. Zudem werde der Boden untersucht. «Damit wird man sich vermutlich noch längere Zeit auseinandersetzen müssen», sagte er.

Bei den Aufräumarbeiten passiere es schnell, dass kleine Verletzungen entstünden, erklärte DRK-Sprecherin Müller. Nach Kontakt mit dem kontaminierten Schlamm könnten in diese Wunden Bakterien eindringen und Wundstarrkrampf, also Tetanus, verursachen. Auch deshalb seien im Hochwassergebiet drei mobile Arztpraxen eingerichtet worden. «In den Containern können kleinere chirurgische Eingriffe, EKG und Ultraschall gemacht werden», sagte Müller. Zudem gebe es dort Medikamente oder Rezepte. In Ahrweiler habe eine Apotheke rund um die Uhr geöffnet.

Darüber hinaus sollen Wasserentnahmestellen, mobile Duschen und Waschcontainer zum Wäsche waschen und trocknen die hygienische Situation verbessern und das Infektionsrisiko senken. Rettungswagen des Roten Kreuzes und anderer Organisationen seien im gesamten Gebiet verteilt, um die Notfallversorgung zu sichern.

In einem internen Bericht der Direktion Bereitschaftspolizei der Bundespolizei, aus dem «Bild» am Donnerstag zitierte, heißt es, die Versorgung der Bevölkerung werde von den Einsatzkräften in Rheinland-Pfalz als «problematisch bewertet». Viele Betroffene seien stark traumatisiert, die Akzeptanz gegenüber den Einsatzkräften «sinkt stetig».

Das habe nicht nur damit zu tun, dass die Versorgung mit Trinkwasser und Strom in den Katastrophengebieten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz teilweise noch nicht vollständig wieder gewährleistet sei, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der Deutschen Presse-Agentur. Den Polizisten schlage auch Wut entgegen, wenn sie Menschen, die ihr Hab und Gut retten wollten, am Betreten ihrer einsturzgefährdeten Häuser hindern müssten.

Das Hochwasser vom 14. Juli hatte das Ahrtal besonders schlimm getroffen. Zuletzt wurden 134 Tote gezählt. Als vermisst galten 69 Menschen. Die Zahl der Verletzten nach dem Starkregen und den dadurch ausgelösten Sturzfluten war zuletzt mit 766 angegeben worden.


Bildnachweis: © Thomas Frey/dpa
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