4. August 2021 / Aus aller Welt

Teebeutel - Verrotten im Dienste der Forschung

Gut drei Monate lagen sie im Erdreich. Die Teebeutel waren im Dienst der Wissenschaft eingebuddelt worden.

Frisch ausgegraben.
von dpa

Verrottete Teebeutel kommen aus dem Erdreich wieder ans Licht: In einem Berliner Kleingarten haben Wissenschaftler nach gut drei Monaten vergrabene Teebeutel ausgebuddelt.

Deutschlandweit sollen bis Ende Oktober Tausende Beutel folgen. Anhand ihres Zustands wollen die Forscher die Bodenaktivität analysieren. Zahlreiche freiwillige Teilnehmer - Bürgerwissenschaftler - aus ganz Deutschland beteiligen sich an dem Projekt.

«Jetzt, wo die Teebeutel nach und nach wieder ausgegraben und alle gesammelten Bodendaten an uns übermittelt werden, steigt in unserem Team die Spannung», erklärt Hans-Jörg Vogel, Leiter des Departments Bodensystemforschung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle (Saale).

Eine wichtige Kennzahl ist der sogenannte Tea-Bag-Index. Er zeigt an, wie schnell Bodenorganismen Pflanzenreste abbauen. Dazu wird pflanzliches Material, in diesem Fall Grün- und Rooibos-Tee, gewogen, drei Monate lang im Boden vergraben und nach dem Ausgraben erneut gewogen. Aus dem Unterschied zwischen Start- und Endgewicht der Teebeutel lässt sich der Tea-Bag-Index berechnen.

Die Teebeutel aus dem Berliner Kleingarten zeigen laut Vogel eine hohe biologische Aktivität an. Die Grüntee-Beutel hätten die Hälfte ihres Gewichts verloren. «Beim Rooibos-Tee lag die Gewichtsabnahme bei einem Drittel», sagte Vogel. Der Rooibos-Tee sei wegen seiner Konsistenz schwerer abbaubar. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte im April in dem Kleingarten die ersten Teebeutel vergraben.

Deutschlandweit wurden laut Vogel 4500 Aktions-Sets verschickt. «Die Resonanz war enorm», so der Wissenschaftler. Alle Sets waren bereits nach kurzer Zeit verschickt. Ein Set enthielt zwölf Teebeutel, die die Teilnehmer an jeweils zwei Standorten vergraben sollten. Außerdem sollen die Bürgerwissenschaftler auch weitere Daten erheben, etwa zum pH-Wert, zur Nutzungsart oder zur Körnung des Bodens.

In einigen Wochen wollen die Wissenschaftler erste Zwischenergebnisse präsentieren. Im Anschluss an die Auswertung sollen die Daten in nationale und internationale Forschungsprojekte zur nachhaltigen Bodennutzung einfließen.

Auf die Idee mit den Teebeuteln kamen Niederländer bereits vor einigen Jahren. 2018 verbuddelten Forscher rund um den Globus etwa 35.000 Beutel Tee. An 570 Standorten auf sechs Kontinenten maßen sie, wie schnell die abgestorbenen Pflanzenteile im Wald abgebaut wurden.

Wie schnell Biomasse verrottet, wurde zuvor schon öfter gemessen. Allerdings waren die Ergebnisse immer schwer vergleichbar, weil verschiedene Pflanzenarten in unterschiedlichen Säckchen vergraben wurden. In der Schweiz verschickte in diesem Jahr eine staatliche Forschungsstelle 2000 Baumwollunterhosen an Gartenbesitzer und Bauern zur Untersuchung der Bodenqualität. Damit wird analysiert, wie stark diese zersetzt werden.


Bildnachweis: © Christian Thiele/Wissenschaftsjahr/dpa
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