23. Dezember 2022 / Aus aller Welt

«Widerliche Tat»: Drei Tote bei Schüssen in Paris

Schüsse bei einem kurdischen Kulturzentrum in der Pariser Innenstadt töten drei Menschen und verletzen weitere. Die Polizei nimmt einen Mann fest. Er ist kein Unbekannter, doch die Umstände der Tat sind noch unklar.

Durch Schüsse sind in Paris drei Menschen getötet worden.
von Rachel Boßmeyer und Michael Evers, dpa

Ein tödlicher Angriff in Paris erschüttert Frankreich: Bei Schüssen in einem kurdischen Kulturzentrum und in Geschäften hat ein Angreifer drei Menschen tödlich verletzt. «Er wollte offensichtlich Ausländer angreifen», sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin über den mutmaßlichen Täter. Ob sich der Anschlag explizit gegen Kurden richtete, sei aber unklar.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: «Die Kurden in Frankreich waren das Ziel eines niederträchtigen Angriffs mitten in Paris.» Das Motiv ist Darmanin zufolge unbekannt, ein rechter Hintergrund der Tat werde aber geprüft.

Mit Schüssen in und vor einem kurdischen Kulturzentrum sowie einem Restaurant und einem Friseursalon im zehnten Pariser Arrondissement verwundete der Schütze drei weitere Menschen, einen davon lebensgefährlich. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, gab es eine Festnahme. Auch der Verdächtige sei verletzt. Demnach laufen Untersuchungen wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Gewalt.

Der mutmaßliche 69 Jahre alte französische Täter sei nicht als Rechtsextremist bei den Sicherheitsbehörden erfasst gewesen, sagte Darmanin. «Im Moment, in dem ich spreche, kann ich nicht sagen, dass er für rechtsextreme Taten bekannt war, auch wenn der Befund und die Vorgehensweise uns das in den kommenden Stunden natürlich besonders prüfen lassen werden.» Der Mann habe alleine gehandelt und als Sportschütze über etliche Waffen verfügt. «Es ist nicht klar, ob diese Person wie auch immer politisch engagiert ist, auch wenn ihre Motivation offensichtlich ein Angriff auf Ausländer war.»

Bürgermeisterin: Tat eines rechtsextremen Aktivisten

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo schrieb auf Twitter: «Die kurdische Gemeinschaft und durch sie alle Pariser wurden durch diese Morde, die von einem rechtsextremen Aktivisten begangen wurden, ins Visier genommen.» Sie forderte: «Die Kurden, wo auch immer sie leben, müssen in Frieden und Sicherheit leben können. Mehr denn je steht Paris in diesen dunklen Stunden an ihrer Seite.»

Die Schüsse trafen auch die Niederlassung des demokratischen kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), einem Dachverband von 24 kurdischen Vereinen. Wie der CDK-F mitteilte, handele es sich bei den drei Todesopfern um kurdische Aktivisten, ebenso wie bei den drei Verletzten. Die Organisation sprach von einer «terroristischen Attacke», zu der es nach zahlreichen türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit langem kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen, die von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und weiteren kurdischen Organisationen vorangetrieben werden.

Schutz von kurdischen Treffpunkten und türkischen Vertretungen

Der CDK-F rief zu einer Protestversammlung am Ort des Angriffs auf. Außerdem solle in dem kurdischen Zentrum selber eine Nachtwache für die Opfer abgehalten werden. Während Darmanins Pressestatement am Ort des Geschehens waren immer wieder laute Rufe zu hören. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die Polizei Tränengas einsetzte. Französischen Medienberichten zufolge hatten Demonstranten die Polizei beworfen. Der Sender France Info berichtete von einer Festnahme und fünf verletzten Polizisten.

Frankreich will kurdische Treffpunkte nun schützen. Landesweit sollten durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden, sagte Darmanin. Auch türkische diplomatische Vertretungen im Land sollten geschützt werden, um Gegenangriffe zu verhindern.

Vor knapp zehn Jahren hatte es im zehnten Pariser Arrondissement einen Mordanschlag auf drei kurdische Aktivistinnen gegeben. Ihre Leichen waren damals im Kurdistan Informationszentrum entdeckt worden.

Verdächtiger griff Migranten-Zeltlager mit Säbel an

Der Verdächtige war laut Staatsanwaltschaft erst vor kurzem unter Justizaufsicht aus der Haft gekommen. Im vergangenen Jahr habe er ein Zeltlager von Migranten angegriffen - mit einem Säbel, wie die Zeitung «Le Parisien» berichtete. Der Mann habe dort mehrere Menschen verletzt. Der Sender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, der Mann sei wegen zwei versuchter Tötungen bekannt.

Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne wertete die Attacke auf Twitter als «widerliche Tat». Den Opfern und ihren Angehörigen sprach sie ihre Unterstützung aus. Für Opfer und Zeugen des blutigen Angriffs richtete die Stadt im Rathaus des zehnten Arrondissements einen psychologischen Dienst ein.

Bundeskanzler Olaf Scholz drückte sein Mitgefühl aus: «Eine schlimme Tat, die heute Paris und Frankreich erschüttert hat», twitterte der SPD-Politiker auf Deutsch und Französisch. «Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen.» Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb sie auf Twitter unter dem Hashtag #Paris: «Hass darf niemals gewinnen».


Picture credit: © Lewis Joly/AP/dpa
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