Die Ermittlungen nach dem todbringenden S-Bahn-Zusammenstoß im Landkreis München konzentrieren sich zunehmend auf ein auf Rot stehendes Haltesignal - und auf einen der Triebwagenführer. «Einer von den beiden wird von uns als Beschuldigter geführt», sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I, Anne Leiding, am Donnerstag in München. Der 54-Jährige habe vermutlich ein Haltesignal überfahren. Es sei aber noch zu früh zu sagen, ob es sich dabei um menschliches oder technisches Versagen gehandelt habe, betonte Leiding. Der Mann, der wie sein Kollege noch im Krankenhaus liegt, sei bereits vernommen worden, habe aber zunächst keine Angaben gemacht. Auch sei seine Wohnung im Bereich Fürstenfeldbruck durchsucht worden, ergänzte Leiding. Zudem seien die Handys der beiden Lokführer sichergestellt worden, auch die Fahrdienstleiter hätten ihre zur Verfügung gestellt. Bei dem Zusammenstoß nahe Schäftlarn war am Montagnachmittag ein Fahrgast gestorben, 18 Menschen kamen verletzt in Krankenhäuser, davon sechs schwer - unter ihnen die beiden Triebwagenführer. Darüber hinaus wurden etwa 25 Menschen mit leichten Verletzungen noch vor Ort ambulant behandelt. Zudem entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe. In den beiden Zügen saßen jeweils rund 60 Menschen. Nach derzeitigem Stand hatte der 54-Jährige nach dem Halt in Ebenhausen seine Fahrt Richtung München fortgesetzt. «Dabei wurde vermutlich ein Haltezeichensignal überfahren», schilderten die Ermittler. Zugleich fuhr ein 21-jähriger Triebfahrzeugführer mit einem anderen Zug der Linie S 7 auf demselben Gleis in die entgegengesetzte Richtung auf den Bahnhof Ebenhausen zu. Dieser bekam wegen des ihm entgegenkommenden S-Bahn-Zuges ein Haltesignal, was dazu führte, dass er seine S-Bahn abbremste. Auch der 54-Jährige leitete nun eine Schnellbremsung ein. Für einen Stillstand beider Züge reichte es jedoch nicht mehr, so dass es zum Zusammenstoß kam. Keine Antwort gab es bei der Pressekonferenz von Staatsanwaltschaft und Polizei auf die Frage, ob auch das automatische Sicherungssystem, das den Zugverkehr überwacht und Züge im Notfall automatisch bremsen soll, gegriffen hat. Auf der fraglichen Strecke war das sogenannte Sicherungssystem der Punktförmigen Zugbeeinflussung installiert. Das System kann aber manuell unterdrückt werden. Leiding bat um Verständnis, dass es noch dauern werde, bis die Ursache zweifelsfrei feststehe. Die auszuwertende Datenmenge sei ähnlich groß wie nach einem Flugzeugabsturz. Zudem: «Menschliches Versagen ist nicht gleichzusetzen mit vorsätzlichem Handeln, da gibt es einen großen Unterschied in rechtlicher Hinsicht.» Neben fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung komme auch die Gefährdung des Bahnverkehrs als Straftatbestand in Betracht.Ein Toter - 18 Verletzte
Offene Fragen
Bildnachweis: © Uwe Lein/dpa
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Ermittlungen nach S-Bahn-Unfall - Lokführer im Fokus
Nach dem S-Bahn-Unglück im Landkreis München blieben Fragen offen. Nun verdichten sich Hinweise, dass einer der beiden Triebwagenführer ein Haltesignal überfahren hat. Doch hat er deshalb auch Schuld?
Meistgelesene Artikel
- 10. April 2024
Sprechstunde der AWO-Wohnberatung am 24. April
Auch im Alter möglichst lange und selbständig in der vertrauten Umgebung zu leben: Das wünschen sich wohl die meisten...
- 5. April 2024
Zwei Kater an der Marienstraße zugelaufen
Der Stadtverwaltung sind zwei schwarz-weiße Kater als zugelaufen gemeldet worden. Beide Tiere sind ca. eineinhalb Jahre...
- 9. April 2024
„Treffpunkt Lesen & Geselligkeit“ am 18. April
Wer gerne liest und sich mit anderen über gelesene oder neue Bücher austauschen möchte, ist herzlich zum...
Neueste Artikel
- 2. Mai 2024
Gewitter und Starkregen über Teilen Deutschlands
Vor allem im Südwesten und in der Mitte Deutschlands kann es bis in den Freitag hinein sehr ungemütlich werden - laut Wetterdienst sind lokale Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen möglich.
Beschäftigte von Bahnunternehmen geben bei einer Umfrage Einblick in ihren Arbeitsalltag. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft will Konsequenzen und droht. Die Bahn sagt: Zur EM wird aufgestockt.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 2. Mai 2024
Gewitter und Starkregen über Teilen Deutschlands
Vor allem im Südwesten und in der Mitte Deutschlands kann es bis in den Freitag hinein sehr ungemütlich werden - laut Wetterdienst sind lokale Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen möglich.
Beschäftigte von Bahnunternehmen geben bei einer Umfrage Einblick in ihren Arbeitsalltag. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft will Konsequenzen und droht. Die Bahn sagt: Zur EM wird aufgestockt.