18. April 2024 / Aus aller Welt

Bären verbreiten zunehmend Angst in der Slowakei

Von Braunbären verletzte Wanderer und Pilzsucher sorgen in der Slowakei für Schlagzeilen. Ein Experte erklärt, warum sich solche Zwischenfälle häufen und wie man sich schützen kann.

In den vergangenen Wochen wurden in der Slowakei mehrere Menschen bei unfreiwilligen Begegnungen mit Braunbären verletzt.
von Christoph Thanei, dpa

Bei Zusammenstößen mit Braunbären sind in der Slowakei innerhalb weniger Wochen im März und April mehr als ein Dutzend Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Betroffen waren nicht nur Wanderer, Pilzsucher und Forstbedienstete im dichten Wald, sondern Mitte März sogar fünf Fußgänger innerhalb eines städtischen Wohngebiets.

Damals war ein Braunbär durch das Stadtgebiet der Kleinstadt Liptovsky Mikulas (alter deutscher Name: Sankt Nikolaus in der Liptau) gelaufen und hatte Passanten angegriffen. Nun werden die Rufe von Bewohnern und Politikern nach gezielten Abschüssen der grundsätzlich geschützten Tiere lauter.

Konflikte zwischen Bär und Mensch haben zugenommen

Jaroslav Slastan bestätigt der Deutschen Presse-Agentur, dass die Konflikte zwischen Bär und Mensch zugenommen haben. Slastan muss es wissen, denn er leitet eine der fünf Regionalgruppen des zur staatlichen Naturschutzorganisation SOPSR gehörenden «Einsatzteams Braunbär». Das Team wird alarmiert, wenn Gefahr durch Bären droht oder schon eine Verletzung von Menschen oder Haustieren geschehen ist. Vorwiegend sind Slastan und seine Kollegen zwar zur Vorbeugung und Aufklärung unterwegs. Aber wenn schon etwas passiert ist, untersuchen sie die Ursachen und koordinieren im Extremfall auch die Tötung von «Problembären».

Dass es um den Frühlingsbeginn besonders häufig zu Zwischenfällen kommt, erklärt Slastan damit, dass in dieser Zeit die Bärinnen ihre im Winter geborenen Jungen ausführen. Um sie zu schützen, können sie auch angreifen. Zusätzlich erhöht wird ihre Reizbarkeit durch das Phänomen des sogenannten Infantizids. Herumwandernde männliche Bären töten fremde Jungtiere, um sich dann selbst mit deren Mutter zu paaren und die eigenen Gene zu verbreiten. Bärinnen suchen gelegentlich mit ihren Jungen die Nähe menschlicher Behausungen, weil sie hoffen, dass die Männchen diesen fernbleiben. Das erhöht aber das Risiko überraschender Begegnungen mit Menschen.

Gezielte Reduktion unausweichlich

Das Vordringen von Bären in bewohntes Gebiet hat aber auch mit lokalen Überpopulationen und damit zusammenhängender Verdrängung zu tun, sagt Slastan. Deshalb hält auch er gezielte Reduktionen in solchen Gebieten für unausweichlich.

Das Phänomen der «Containerbären», die in Wohngebieten Mülleimer plündern, wurde in der Slowakei durch Präventivmaßnahmen reduziert. Verlockend bleibt für die Allesfresser jedoch weiterhin das Nahrungsangebot von Obstgärten oder kleinen Nutztieren wie Kaninchen oder Hühnern. Slastans Einsatzteam beobachtete zudem Fälle, in denen sich Forstbedienstete ein illegales Nebeneinkommen beschafften, indem sie absichtlich Nahrung in der Nähe menschlicher Siedlungen auslegten, um Bären als Attraktion für Fototouristen anzulocken.

Vorsichtsmaßnahmen im Wald

Die häufigsten Verletzungen von Menschen geschehen aber dann, wenn diese unvorsichtig in das natürliche Umfeld der Bären vordringen. Der staatliche Naturschutz hat deshalb 2023 einen Aufklärungsfilm mit dem Titel «Wie man sich im Wald verhalten soll» online gestellt. Die wichtigsten Regeln klingen nach Slastan einfach: Dicht bewachsenes Gelände abseits markierter Wege meiden, durch hörbares Sprechen, Singen oder andere Geräusche auf sich aufmerksam machen und damit den Bären rechtzeitiges Ausweichen ermöglichen. Bei Regen oder Dunkelheit ist damit zu rechnen, dass Bären uns weniger leicht wahrnehmen.

Sollte man trotz solcher Vermeidungsstrategien auf einen Bären stoßen, rät Slastan, nicht davonzulaufen, sondern sich langsam zu entfernen. Lautes Schreien oder Gegenstände nach den Tieren zu werfen, reize sie eher als sie zu verscheuchen. Dass sich Bären durch das Zuwerfen von Futter «ablenken» lassen, ist nach Slastan ein Irrglaube: «Das Tier greift uns ja nicht aus Hunger an, sondern weil es sich bedroht fühlt.»


Bildnachweis: © Jaroslav Slastan/Staatlicher Naturschutz der Slowakei/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Sprechstunde der AWO-Wohnberatung am 24. April
Stadt Verl

Auch im Alter möglichst lange und selbständig in der vertrauten Umgebung zu leben: Das wünschen sich wohl die meisten...

weiterlesen...
Zwei Kater an der Marienstraße zugelaufen
Stadt Verl

Der Stadtverwaltung sind zwei schwarz-weiße Kater als zugelaufen gemeldet worden. Beide Tiere sind ca. eineinhalb Jahre...

weiterlesen...
„Treffpunkt Lesen & Geselligkeit“ am 18. April
Stadt Verl

Wer gerne liest und sich mit anderen über gelesene oder neue Bücher austauschen möchte, ist herzlich zum...

weiterlesen...

Neueste Artikel

SEK-Einsatz: «Reichsbürger» bedroht Polizei mit Messer
Aus aller Welt

In Velbert bedroht ein mutmaßlich Rechtsextremer Mann die Polizei und löst damit einen Einsatz des Spezialeinsatzkomandos aus.

weiterlesen...
Zehn Jahre vertrauliche Geburt: inkognito, aber gut versorgt
Aus aller Welt

Seit zehn Jahren können Schwangere in besonderen Notlagen in Deutschland vertraulich gebären. Expertinnen ziehen eine positive Bilanz - üben aber auch Kritik.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

SEK-Einsatz: «Reichsbürger» bedroht Polizei mit Messer
Aus aller Welt

In Velbert bedroht ein mutmaßlich Rechtsextremer Mann die Polizei und löst damit einen Einsatz des Spezialeinsatzkomandos aus.

weiterlesen...
Zehn Jahre vertrauliche Geburt: inkognito, aber gut versorgt
Aus aller Welt

Seit zehn Jahren können Schwangere in besonderen Notlagen in Deutschland vertraulich gebären. Expertinnen ziehen eine positive Bilanz - üben aber auch Kritik.

weiterlesen...