27. Januar 2022 / Aus aller Welt

Spritdiebstahl bei Lastwagen: Polizei häufig machtlos

Sie kommen nachts, knacken Tanks auf und zapfen Benzin und Diesel aus Trucks und Baumaschinen ab: Kraftstoffdiebe. Die Täter kommen meist ungestraft davon. Lässt sich Spritklau überhaupt verhindern?

Hohe Spritpreise machen den Diebstahl von Benzin und Diesel besonders lukrativ.
von Sebastian Kramer, dpa

Tankdeckel aufbohren, Schlauch rein, Kanister drunter, Sprit abpumpen und weg: Mit dieser einfachen und zugleich dreisten Masche zapfen Kriminelle Sprit aus abgestellten Lastwagen und Baumaschinen ab - meistens Diesel, manchmal auch Benzin.

Das Vorgehen ist für die Täter lukrativ. Mitte Januar erreichte der Dieselpreis ein Allzeithoch. Etwa 1,58 Euro kostete der Liter im Durchschnitt, Benzin ein paar Cent mehr. Bei einer Lkw-Tankgröße von 200 bis 1500 Litern gibt es für die Täter einiges zu holen. Das Phänomen ist nicht neu, sein Ausmaß aber weitgehend unbekannt. «Das ist für die Branche ein echtes Problem», sagt Martin Bulheller, Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). «Vor allem weil es keine verlässlichen Zahlen dazu gibt.»

Täter schlagen nachts zu

Meist machen sich die Täter nachts im Dunkeln, wenn die Laster unbeobachtet im Gewerbegebiet, auf Parkplätzen oder einem Betriebsgelände stehen, an den Fahrzeugen zu schaffen. In einigen Fällen werden die Lkw auch auf Rastplätzen zur Ader gelassen, während die Fahrer noch selig in ihren Kabinen schlummern. So geschehen Mitte Januar, als Unbekannte an der Raststätte Funckenhausen an der A1 rund 300 Liter Diesel aus einem Lastwagen stahlen, während der Trucker schlief.

Die Polizei ist machtlos, die Ermittlungen verlaufen in der Regel im Sande. Nur selten werden die Täter auf frischer Tat ertappt. Wie im Falle eines 20-Jährigen, der Ende vergangenen Jahres im niedersächsischen Halvesbostel versuchte, mit einem Schlauch Diesel aus einem Lkw zu saugen, und dabei von einem Zeugen beobachtet wurde. Die Aufklärungsquote liegt bei unter 10 Prozent, wie das Landeskriminalamt Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Denn würden die Langfinger nicht in flagranti erwischt, könne der Kraftstoff in der Regel keiner bestimmten Tat zugeordnet werden.

Hohe Dunkelziffer

Deshalb ist auch über die Täter nicht viel bekannt. «Das sind nicht nur organisierte Banden, sondern manchmal auch die eigenen Mitarbeiter», sagt BGL-Sprecher Bulheller. Auch wie viele Tanks in Deutschland aufgebohrt werden, weiß niemand genau. Die Fälle werden nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) nicht gesondert in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. In den Statistiken von Versicherungen tauchen sie ebenfalls nicht auf. Denn der gestohlene Sprit werde «weder über die Teilkasko noch über die Vollkasko ersetzt», sagt Brigitte Römstedt von der R+V-Versicherungsgesellschaft, zu der auch einer der bundesweit größten Lkw-Versicherer gehört, der dpa.

Die Dunkelziffer beim Diebstahl von Treibstoff ist nach Auskunft des Bundesamts für Güterverkehr entsprechend hoch. Insbesondere bei kleineren Mengen entwendeten Sprits werde oftmals keine Anzeige gestellt oder der Diebstahl erst gar nicht bemerkt. «Das wird von vielen zähneknirschend hingenommen, weil eine Anzeige in der Regel keinen Erfolg hat», sagt auch BGL-Sprecher Bulheller. Um einen Kavaliersdelikt handelt es bei diesen Taten dennoch nicht: Auf Diebstahl stehen dem BKA zufolge Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen, beispielsweise wenn gewerbsmäßig gestohlen oder vor der Tat in ein Gebäude eingebrochen wurde, drohen demnach Gefängnisstrafen bis zu zehn Jahren.

Was tun gegen Spritdiebstahl?

Vermieden werden kann der Spritklau wie bei Ladungsdiebstählen, dem sogenannten Planenschlitzen, am effektivsten, indem den Dieben der Zugang zum Fahrzeug erschwert wird. Idealerweise stehen die Laster dafür auf umzäunten und kameraüberwachten Plätzen oder in verschlossenen Gebäuden. Mittlerweile bieten einige Hersteller zudem spezielle Tankschlösser und Sicherungssysteme an. «Manchmal kommt dann aber jemand mit der Spitzhacke und haut einfach ein Loch in den Tank. Dann ist der Schaden noch größer», so Bulheller. Kurios: Ein Aufkleber mit dem Hinweis «Bio-Diesel» habe in der Vergangenheit den ein oder anderen Täter erfolgreich abgeschreckt.


Bildnachweis: © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
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