2. September 2021 / Aus aller Welt

Ex-Rockerboss Hanebuth entspannt vor Gericht

Wie viele Menschen standen um das Opfer einer Schlägerei herum - und hat der Pulk von Männern die Polizeibeamten wirklich fernzuhalten versucht? Wegen dieses Vorwurfs muss Ex-Rockerboss Hanebuth vor Gericht. Sein Anwalt hat eine klare Meinung - das Gericht auch.

Der Angeklagte Ex-Rockerboss Frank Hanebuth im Gericht.
von Thomas Strünkelnberg, dpa

Ex-Rockerboss Frank Hanebuth kennt das: Sichtlich entspannt sitzt er auf der Anklagebank, grinst gelegentlich, während die Zeugen sprechen, winkt das eine oder andere Mal ab, schüttelt ungläubig den Kopf.

Der Vorwurf: Mittäterschaft bei einer Schlägerei und gefährlichen Körperverletzung (Az: 230 Cs 129/21). Sein Anwalt betonte, die Vorwürfe seien aus den Ermittlungsergebnissen nicht abzuleiten, er wisse nicht, wie seinem Mandanten strafbares Verhalten zugeordnet werden solle: «Ich sehe der Sache völlig entspannt entgegen», sagte er. Und tatsächlich: Das Amtsgericht Hannover stellte das Verfahren ein, ebenso gegen den zweiten Angeklagten.

Darauf hätten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung geeinigt, sagte ein Gerichtssprecher. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Vorwurf der Mittäterschaft und des gemeinsamen Plans mit dem - bis heute unbekannten - Schläger nicht trägt. Damit sei der Hauptvorwurf vom Tisch. Hanebuth und der mitangeklagte 35-Jährige müssten nun binnen eines Monats jeweils 1000 Euro an den Verein Violetta zahlen, der sich gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und jungen Frauen einsetzt.

Im aktuellen Fall ging es um eine Schlägerei im Oktober 2020 - damals wurde in Hannovers Rotlichtviertel ein Mann verprügelt. Der Vorwurf an die Angeklagten lautete: Als die Polizei dem Opfer helfen wollte, sollen sie und weitere Männer die Beamten daran gehindert haben. Das Amtsgericht Hannover erließ einen Strafbefehl, wonach Hanebuth zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt werden sollte. Dagegen legte der Ex-Hells-Angels-Chef Einspruch ein - so kam es zum Prozess.

Richterin Monika Pinski nannte den Einsatz der Polizeibeamten «kernig»: «Sie nehmen Ihren Job ernst.» Zunächst zu zweit liefen ein 29 Jahre alter Polizist und seine 32 Jahre alte Kollegin auf einen Pulk von bis zu 20 Menschen zu, in dessen Mitte ein Mann geschlagen wurde. Mit Schlagstöcken bahnten sie sich einen Weg zum Opfer. So erinnerten sich die Beamten an die Nacht im vergangenen Oktober. Sie hätten sich schützend vor das Opfer gestellt, auf das ein glatzköpfiger hellhäutiger Mann eingeschlagen habe. Dann hätten sie Verstärkung angefordert, die Stimmung sei aggressiv gewesen. Er habe den Eindruck gehabt, man habe den Beamten den Weg versperren wollen, sagte der 29-Jährige. Reizgas sei eingesetzt worden. Ein 28 Jahre alter Polizist sagte, die Lage sei «für mich sehr bedrohlich» gewesen.

Das Opfer, ein 24-Jähriger, sprach von Schlägen ins Gesicht, er habe Platzwunden an Lippe und Nase erlitten, noch immer habe er einen Knoten in der Lippe. Er habe Eintritt bezahlt, sei aber trotzdem in einen Club nicht hereingelassen worden: «Die waren ganz frech zu mir.» Dann sei die Lage eskaliert, er habe sich «verpissen» sollen. Zum Zeitpunkt des Streits war der Mann nach Pinskis Angaben betrunken - 2,68 Promille seien gemessen worden. Ein ebenfalls 24 Jahre alter Freund des Opfers sagte: «Wir waren etwas betrunken.»

Offen blieb bis zum Schluss, ob die Männer wirklich versucht hatten, die Polizeibeamten vom Opfer fernzuhalten. Hanebuths Verteidiger wollte von dem 29 Jahre alten Polizisten wissen, warum Verstärkung angefordert wurde, wenn der Pulk doch schließlich Abstand zu den Polizisten gehalten habe. «Ist das Ihr Ernst?», fragte der Beamte leicht genervt zurück: «Die Frage beantworte ich nicht, das ist lächerlich.»


Bildnachweis: © Ole Spata/dpa
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